Vielleicht fragst du dich manchmal, warum die Haut deines Kindes gerade dann reagiert,
wenn eigentlich Ruhe einkehren sollte. Ein Tag war anstrengend, die Stimmung gereizt und am Abend kratzt sich dein Kind wieder. Du suchst nach dem „Auslöser“, aber vielleicht ist die Ursache nicht außen, sondern innen.
Neurodermitis hängt eng mit dem Nervensystem zusammen. Genauer gesagt mit zwei Gegenspielern, die in jedem Körper aktiv sind: dem Sympathikus und dem Parasympathikus. Beide wirken ständig und bestimmen, ob der Körper gerade kämpft, schützt oder heilt.
Der Sympathikus – der innere Beschützer
Der Sympathikus ist der Teil des Nervensystems, der dich wach, aufmerksam und handlungsbereit macht.
Er aktiviert den Körper in Momenten, in denen Gefahr droht oder Leistung gefragt ist.
Herzschlag, Atemfrequenz und Muskelspannung steigen, die Verdauung verlangsamt sich, das Immunsystem stellt sich auf Verteidigung um.
Für kurze Zeit ist das wichtig und hilfreich.
Doch wenn der Sympathikus zu lange aktiv bleibt, beginnt der Körper zu erschöpfen.
Er bleibt in einem Zustand von Daueranspannung,
und diese Anspannung fördert Entzündungsprozesse.
Bei Neurodermitis zeigt sich das besonders deutlich:
Stress, Streit, Angst oder Überforderung können Schübe verstärken.
Das liegt nicht an „Einbildung“, sondern an klaren biochemischen Reaktionen.
Adrenalin und Cortisol beeinflussen Immunzellen, die Hautbarriere wird durchlässiger, und die Entzündung breitet sich aus.
Der Parasympathikus – der Raum für Heilung
Der Parasympathikus ist der Gegenspieler.
Er steht für Ruhe, Regeneration und Erholung.
Wenn dieser Teil aktiv ist, sinkt der Puls, die Atmung vertieft sich, die Verdauung arbeitet,
und der Körper kann heilen.
Nur im Zustand des Parasympathikus kann die Haut sich reparieren.
Er aktiviert Prozesse, die Entzündung dämpfen, Nährstoffe besser verwerten
und Energie wieder aufbauen.
Doch um in diesen Zustand zu kommen, braucht der Körper Sicherheit.
Er muss spüren: Es ist ruhig genug, um loszulassen.
Warum Kinder mit Neurodermitis so fein reagieren
Viele Kinder mit Neurodermitis haben ein sehr sensibles Nervensystem.
Sie nehmen Spannungen in ihrer Umgebung schneller wahr,
reagieren stärker auf Reize und regulieren sich langsamer zurück.
Ihr Körper bleibt länger im sympathischen Zustand – also in Alarm.
Manchmal geschieht das, ohne dass jemand es merkt.
Ein Blick, eine angespannte Stimme, zu viele Reize am Tag –
das reicht, um den inneren Alarm auszulösen.
Für Eltern bedeutet das:
Die Haut zeigt nicht nur, was auf ihr geschieht,
sondern auch, was das Nervensystem erlebt.
Wie Eltern Einfluss nehmen können
Du kannst das Nervensystem deines Kindes nicht steuern,
aber du kannst es beeinflussen, über deins.
Kinder orientieren sich an der inneren Haltung ihrer Bezugsperson.
Wenn du ruhig atmest, sanft sprichst oder bewusst innehältst,
nimmt das Nervensystem deines Kindes dieses Signal auf.
Es beginnt, sich zu beruhigen.
Das geschieht oft, bevor überhaupt Worte fallen.
Diese Co-Regulation ist keine Theorie.
Sie ist messbar – über Herzfrequenz, Muskeltonus, Hautleitwert.
Wenn du dich regulierst, reagiert auch der Körper deines Kindes.
Das ist der Moment, in dem der Parasympathikus aktiv wird.
Und genau dort entsteht Heilung:
im Gefühl von Sicherheit, im Atem, in der Nähe, im getragenen Moment.
Entzündung verstehen – und beruhigen
Entzündung ist keine Fehlreaktion.
Sie ist ein Versuch des Körpers, sich zu schützen.
Doch wenn der Sympathikus ständig Alarm gibt,
wird dieser Schutz chronisch.
Regulation bedeutet also nicht, Entzündung zu „stoppen“,
sondern den Körper zu erinnern: Du bist sicher, du darfst ruhen.
Je öfter dieser Zustand erlebt wird,
desto stärker kann das Immunsystem ausgleichen.
Manche Eltern berichten, dass die Haut ihrer Kinder in ruhigeren Phasen deutlich besser wird.
Das ist kein Zufall – es ist Biologie.
Kleine Schritte zur Regulation
-
Atme langsamer aus, als du einatmest.
Das aktiviert den Parasympathikus. -
Halte kurz inne, bevor du reagierst.
Diese Sekunde schenkt deinem Nervensystem Orientierung. -
Sprich leiser, wenn dein Kind laut wird.
Dein Tonfall gibt Richtung vor. -
Schaffe kleine Inseln der Ruhe.
Ein gleiches Abendritual, ein Moment ohne Bildschirm, ein kurzer Blick in den Himmel. -
Erinnere dich: Sicherheit ist Heilung.
Nicht Perfektion, sondern Verbindung.
Fazit
Sympathikus und Parasympathikus arbeiten wie zwei Musiker im gleichen Orchester.
Wenn der eine zu laut spielt, verliert der andere seine Wirkung.
Bei Neurodermitis zeigt sich dieses Ungleichgewicht sichtbar auf der Haut.
Eltern, die lernen, den Rhythmus ihres eigenen Nervensystems zu hören,
geben ihrem Kind eine neue Form von Sicherheit.
Und genau darin liegt die Chance auf Heilung.




