Bianca Gaissert - Familiensprechstunde

Neurodermitis und Salutogenese

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Neurodermitis und Salutogenese

Wie sich die Gesundheit von Menschen entwickelt ist das Geheimnis, das die salutogenetische Orientierung zu enträtseln versucht.
Der Medizinsoziologe und Stressforscher Aaron Antonovsky (1923 – 1994) hat die Frage über die Entstehung von Gesundheit in die Wissenschaft gebracht. Er hat anstelle zu fragen, was Menschen krank macht, die Faktoren herausgearbeitet, die den Menschen gesund und widerstandsfähig machen. Er untersuchte KZ – Insassinnen, die trotz der schrecklichsten Erlebnisse in einem guten physischen und psychischen Zustand waren. 

Er stellte fest:
Ausschlaggebend für Gesundheit ist, ein starkes Kohärenzgefühl und ein Sinn für Stimmigkeit. 
Von diesem Gefühl der Stimmigkeit hängt ab, wie gut man in der Lage ist, vorhandene Ressourcen und Fähigkeiten zum Erhalt seiner Gesundheit und seines Wohlbefindens zu nutzen.
Antonovsky definiert das Kohärenzgefühl als globale Orientierung eines beständigen Gefühls des Vertrauens oder auch als Urvertrauen. 

Das Kohärenzgefühl 

Nach Antonovsky setzt sich das Kohärenzgefühl aus diesen drei Komponenten zusammen:

  1. Ebene der Verstehbarkeit
  2. Gefühl der Sinnhaftigkeit
  3. Handhabbarkeit

Was könnte das in Übertragung auf die Krankheit Neurodermitis bedeuten?

  1. Ebene der Verstehbarkeit
    Das bedeutet einen Blick darauf zu werfen, welche Faktoren die Krankheit positiv beeinflussen. Hierdurch entsteht die Möglichkeit, selbst Einfluss auf den Krankheitsverlauf zu nehmen. Das ermöglicht selbstwirksame und nachhaltige Hilfe.
  2. Ebene der Sinnhaftigkeit
    Die Frage zu stellen, ob das Symptom einen Sinn hat oder etwas zum Ausdruck bringen möchte, soll hier hinterfragt und beantwortet werden, um auch wieder eine Hilfe zu ermöglichen, die nachhaltig ist.
  3. Ebene der Handhabbarkeit 
    Die Überzeugung, dass man den Krankheitsverlauf beeinflussen und gestalten kann. Hier geht es um den Glauben und die Überzeugen daran, dass jedem die Ressourcen zur Verfügung stehen, um allen Anforderungen an uns zu begegnen. 

Ein weiterer wichtiger Schritt ist, sich über die Faktoren der Gesundheit klar zu werden. Folgende Leitfragen sind hier bedeutungsvoll:

  • Wie kann mehr Gesundheit entstehen?
  • Welche Faktoren unterstützen die Gesundheit deines Kindes?
  • Was braucht dein Kind hierfür?
  • Wie kannst du deinem Kind dabei helfen?
  • Was fördert die Befindlichkeit, das Wohlbefinden und die Zufriedenheit?
  • Was fördert den guten Umgang mit Stress?

Hierfür ist es immer günstiger, zu wissen, wo ich sein möchte, als zu wissen, wo ich nicht sein möchte. Es geht darum, eine Vision davon zu bekommen, wo man hin möchte, um daraufhin entsprechende Handlungen planen zu können. Salutogenese sucht nach Lösungen und Zielen. Der Glaube von Eltern, die davon überzeugt sind, dass sie selbst ihr Kind in dem Bewältigungsprozess unterstützen können, ist essenziell.

Eine starke, regelmäßige und intensive Wertschätzung von allen individuellen Ressourcen und Stärken der betroffenen Kinder, ist für die Förderung von mehr Gesundheit unabkömmlich. Es geht um die Suche nach salutogenetischen Faktoren, also um Qualitäten, die helfen, eine Belastung zu meistern. Die Frage, wie Eltern, mit den Belastungen, die aus der Krankheit resultieren, umgehen, ist von großer Tragweite. Die subjektive Einschätzung der Erkrankung, ist eine entscheidende Variable, ob die Krankheitserfahrung konstruktiv bewältigt wird.

Den größten Einfluss auf Kinder haben die Eltern. Wenn Eltern, trotz aller Sorgen und Nöte, die durch die Krankheit verursacht werden, versuchen eine ressourcenorientierte und optimistische Haltung, zu bewahren, ist das für das betroffene Kind eine sehr gewinnbringende Unterstützung.

Quellen:

Antonovsky Aaron, Salutogenese, Zur Entmystifizierung der Gesundheit, Tübingen 1997

Sigl Claudia, Offenbächer Martin, Salutogenese, Gesundbleiben trotz chronischer Krankheit, Was tun, wenn man nichts mehr tun kann?, München 2010

Von Schlippe Arist, Schweitzer Jochen, Lehrbuch der systematischen Therapie und Beratung, Göttingen 2007

Von Schlippe Arist, Theiling Stephan: Niemand ist alleine krank, Osnabrücker Lesebuch zu chronischen Krankheiten im Kindes- und Jugendalter, Lengerich 2005

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